Pholus - Ein Fass aufmachen

Herakles und Pholus
Regelmäßige LeserInnen werden bemerkt haben, dass ich eine Vorliebe für Asteroiden pflege. Juno, Vesta, Nessus, Amor, die Muse Klio … sind hier schon aufgetaucht. Ergänzende Faktoren bei Fragen der Liebe … wo steht eigentlich Amor? Bei Übergriffen Nessus? Bei Ehefragen Juno? Bei Alltagsproblemen Vesta? Und letzten Freitag, in unserer kleinen Astrogruppe, machte sich der Kentauer Pholus bemerkbar. Bei einem Stundenhoroskop zum Thema Geld. Geld, das auf betrügerische Weise abhanden gekommen war, wo jemand einem Anlageberater seine gesamten Ersparnisse anvertraut hatte und nun … alles weg. Und wie aus Versehen, die Einstellung aus einem vorangegangenen Horoskop noch nicht geändert, stand Pholus bei dieser Frage am Aszendenten. Was hat es mit Pholus auf sich? 

Wie immer hilft uns hier der Mythos weiter: Pholus ist ein Kentauer. Wie Chiron zwar nicht unsterblich, aber auch von gemäßigter vernünftiger Natur. Einer, der mit Herakles, unserem Sonnenhelden, befreundet ist. Herakles kommt, auf der Suche nach dem Erymanthischen Eber, bei Pholus vorbei. Ein wenig Entspannung vor der Tat, mit einem Freund zusammensitzen, abhängen, chillen. Und bei der Gelegenheit entdeckt er ein Fass Wein. Wein des Dionysos. Pholus hat das Fass allerdings nur in seiner Obhut, soll es bewachen, es gehört ihm nicht. Herakles aber … "ach komm, lass uns das Fass aufmachen, den Wein trinken, Dionysos wird schon nichts dagegen haben". Nach anfänglichem Zögern lässt sich Pholus überreden, sie öffnen das Fass und beginnen ein Gelage unter Männern. Von dem dionysischen Geruch des Weines angelockt (Dionysos ist der Gott der Ekstase und es ist sein Wein) kommt die gesamte wilde Kentaurenherde angerauscht und es entsteht ein wilder Kampf auf Leben und Tod. Herakles erschießt mit seinen Pfeilen, die er in das Hydragift getaucht hatte, viele Kentauren. Bei der Gelegenheit wird der unsterbliche Chiron aus Versehen verletzt und die unheilbare Wunde entsteht. Pholus aber, der schwer beeindruckt ist von der Tödlichkeit der Pfeile, zieht einen Pfeil aus einem toten Kentauer, verletzt sich dabei am Fuß, schneidet sich sozusagen ins eigene Fleisch und wird von dem Gift auf der Stelle getötet.
Wenn Pholus im Spiel ist, dann geht es um Verdrängung, Arglosigkeit und Blauäugigkeit. Man kennt die Konsequenzen und Gefahren, weiß eigentlich, dass es nicht recht ist, verdrängt aber dieses Wissen. Es wird schon gut gehen. Unvorsichtige Neugier. 
Man lässt sich überreden zu etwas, was nicht wieder gutzumachen ist. Man rechnet nicht mit solch heftigen Folgen. Der Tod des Pholus als Symbol für eine gewisse Unwiederbringlichkeit. Danach ist das Leben anders. Dort wo Pholus im Horoskop steht, ist er ein Hinweis auf diese psychischen Mechanismen, die wir bestimmt alle ab und an von uns kennen. Man macht halt mal ein Fass auf, egal wie es ausgeht. Das Anlocken der wilden triebhaften und unkontrollierbaren Kräfte der Kentauren, das Fass der Ekstase aufmachen, die unabsehbaren Folgen. Wir lassen uns drängen vom großen starken Freund Herakles und geben die Verantwortung ab. Was solls. Man lebt nur einmal.

Zitat aus dem Buch "Pholus" von Robert van Heeren und Dieter Koch ist:  "Pholus intensiviert den von ihm aspektierten Radixfaktor derart, dass wir in diesem Bereich zu ungewöhnlichen und oft unüberlegten Handlungen gedrängt werden. Häufig fühlt man sich dabei irgendwie ,angestachelt' und unter einer kaum erträglichen Dauerspannung. Es taucht eine unterentwickelte Facette des angesprochenen Teils unserer Persönlichkeit auf. Dies gibt uns einerseits oft spontane Einsicht in unsere diesbezüglichen Defizite und Mängel. Es treibt uns andererseits aber auch umso mehr zur Veränderung. Pholus scheint uns immer wieder in unerwartete Grenzsituationen zu katapultieren, in denen wir uns überfordert fühlen und letztlich unsere alten Grenzen überschreiten." 

Im Falle des Stundenhoroskopes steht Pholus am Aszendenten, beim Fragesteller selbst, repräsentiert diesen. Vielleicht wollte der Fragesteller mal das große Geldfass aufmachen, richtig Geld machen, einfach so, hat sich überreden lassen von einem Anlageberater, warum eigentlich nicht? Hat nicht auf das eigene ungute Gefühl gehört. Die große Gier der Kentauren gerufen. Nach allen Regeln der Kunst gedeutet: "Kommt das Geld wieder zurück? " mit dem zusätzlichen Hinweis, Pholus am Aszendenten, ließ es den Schluss zu, dass das Geld unwiederbringlich verloren ist, also nicht mehr zum Frager zurückkommt. Wer wagt, gewinnt nicht immer. Aber Pholus ist auch ein Wandlungsfaktor, durch diese Verlusterfahrung wird Reife und ein tieferer Blick in die Psyche gefördert. So gesehen, ist nichts verloren, nur gewonnen. 

Grüße von Siri



Kommentare

Mythopoet hat gesagt…
Hallo Siri,


_das Geld ist ja nicht weg:
es ist doch nur woanders_

Gelt?!

Liebe Grüße
Schwech/Pefel hat gesagt…
Hallo Siri - super Anregung, hab ich gleich nachgeschaut. Das ist ja eine dolle Geschichte und höchst weitverbreitet ...
siri hat gesagt…
Hallo Nicola, Danke für Deinen Kommentar. Ja die Pholusgeschichten haben es in sich ... und stimmt ... weitverbreitet :)) Herzliche Grüße nach Berlin von Siri

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