Die Venuspassage

Venustransit vom 8.6.2004, Bild: David Cortner
"Moment", sagt der junge Mann, zieht sein iPhone aus der Hosentasche und hält es zum Nachthimmel hoch "das ist die Venus, und das da, das ist der Stier". "Echt, das ist ja cool" meint die junge Frau. Mit dem Handy hatte der junge Mann sich mal eben die aktuellen Sternenpositionen life anzeigen lassen. Er steckte das Handy wieder ein, sie küssten sich und zogen weiter. So sehen heutzutage die Dates unterm Sternenhimmel aus. Die 
Wiki-Generation, die ihr Gedächtnis in irgendwelchen Clouds parkt, um es jederzeit, egal wo, abzurufen, zu teilen, zu twittern, muss derartige Informationen nicht im eigenen Gehirn speichern. Wozu die mentale Anstrengung, wenn man doch alles  googeln kann? 
Oder sich 'ne App laden? Wenn ich ehrlich bin, genieße ich auch das World Wide Web und die App, die den Sternenhimmel in Echtzeit anzeigt.

Horoskop: Le Gentil, 12.9.1725 in Coutances F
Gerne erinnere ich aber auch an die Zeiten, als Astronomie noch ein echtes Abenteuer war. Da gibt es z.B. die Geschichte der 11 Jahre dauernden Odyssee des Astronomen Guillaume Le Gentil. Ausgeschickt von der französischen Akademie der Wissenschaften wollte er 1761 einen Venustransit in Pondicherry Indien beobachten. Die Reise war sehr kompliziert und abenteuerlich. Beim ersten Transit 1761 steckte er mit seinem Schiff auf dem Pazifik fest. Durch die Schiffsschwankungen wurden seine Messungen unbrauchbar. Der nächste Transit war acht Jahre später. Es lohnte sich also nicht, nach Hause zu fahren. Über Madagaskar, Mauritius und die Philippinen gelangte Le Gentil nach Indien. Dort wartete er auf den Tag des Transits - hatte allerdings wiederum großes Pech, denn der Himmel war komplett bewölkt und wieder war keine Beobachtung möglich. Gentil war verzweifelt und wurde daraufhin sehr krank. Unter großen Mühen und sehr schwierigen Umständen kehrte er wieder nach Frankreich zurück, um dann festzustellen, dass man ihn für tot erklärt hatte und sein Besitz bereits aufgeteilt war. Für Gentil gab es keinen weiteren Venustransit mehr, da sich diese astronomische Spezialität nur alle 122 Jahre wiederholt. Tragisch gelaufen und lebensbestimmend. Zu lesen als Roman  
"Die Venuspassage" von Lorenz Schröter, der historisch korrekt und trotzdem spannend erzählt. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen.
Astronomischer Background:
Ein Venus-Transit hat Ähnlichkeit mit einer Sonnenfinsternis, ist aber viel seltener. Die Venus benötigt für einen Umlauf um die Sonne 225 Tage, während die in größerer Entfernung kreisende Erde 365 Tage braucht. Dadurch überholt die Venus die Erde alle 584 Tage. Würden beide Planetenbahnen in einer Ebene liegen, könnte man nach jedem solchen Intervall die Venus vor der Sonne vorbeiziehen sehen. Da die Umlaufbahnen aber geneigt sind, läuft der innere Planet meist oberhalb oder unterhalb der Sonne vorbei.
Nur alle 122 Jahre liegen alle drei Himmelskörper (Sonne, Venus, Erde) auf einer Linie und die Venus zieht von der Erde aus sichtbar an der Sonne vorbei. Weil fünf Überrundungen der Venus acht Erdumkreisungen der Sonne entsprechen, ereignen sich Venus-Transite jeweils paarweise im Abstand von acht Jahren. Der letzte Transit fand am 8.6.2004 statt. Das zweite Ereignis im Jahr 2012 wird in Europa nur in Island sichtbar sein. Am 6. Juni 2012. Für uns jetzt lebenden Menschen also die letzte Gelegenheit. 
Mein junger Schütze holt sein iPhone raus und sagt, "Infos findest Du übrigens auf www.venustransit.de"  ... "ob ihn das interessieren würde, so ein Jahrhundertereignis in  Island in Natura zu erleben?" frage ich. "Nö, wieso? Kann ich doch alles im Netz sehen. Jederzeit". 
Verblüffte Grüße von Siri

Kommentare

Mythopoet hat gesagt…
Hallo Siri,

da haben wir nächstes Jahr
somit noch ein 'magisches' Datum:
6.6.12

Also auf dann nach Island
als Magical Mystery Tour??

Hier animativ das Venus-Pentagramm
=> http://www.youtube.com/watch?v=YbsngxAEbHs


und beste Grüße
Mythopoet
siri hat gesagt…
Hallo Mythopoet,

tolle Idee, mit dem Video des Venuspentagramms. Danke! Hier noch eins, das den Venusumlauf von 2004 bis 2012 in ähnlicher Weise zeigt:
http://www.youtube.com/watch?v=o0S8EI38RD4
Gelobt sei das Netz.

Auf nach Island? Ja, das hätte was.

Herzliche Grüße von Siri

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